Bernhard Peter
Datong: Alt-Neu-Kontraste

Anläßlich der Beschreibung der Stadtmauer wurde das gewaltige Stadtsanierungskonzept der Stadt Datong beschrieben. Die traditionellen Huotong-Siedlungen innerhalb des alten Mauergevierts werden abgerissen, die Bewohner, ein Großteil der in der Altstadt lebenden Menschen, werden umgesiedelt in moderne Wohnsilos, die in schwindelerregender Geschwindigkeit rings um den Stadtkern errichtet werden. Die Tristesse dieser Wohnsilos sucht ihresgleichen, und Bagger und Kräne beherrschen das Bild. Die Altstadt-Bewohner gewinnen zwar "moderne" Wohnungen, verlieren aber ihre sozialen Strukturen und ihr gewohntes Umfeld, zudem werden sie Opfer der weiteren Wege oder haben hohe Folgekosten aufgrund des Zwanges zur Mobilität. Vor allem aber verliert die Stadt ihr traditionell chinesisches Gesicht und ihre Atmosphäre, wenn die traditonelle Besiedlungsstruktur zerstört wird und Schickimicki Einzug hält. Altbausanierung wird jedoch in China gänzlich anders verstanden als in Europa. Hier bedeutet es: Erst die Planierraupe, dann eine pseudoalte (fang-gu) Neubebauung des Areals in phantasie-historisierendem Stil.

Eine völlig neu unter Zitierung traditioneller architektonischer Elemente errichtete Einkaufsmeile rings um die Moschee der Stadt (die beiden Minarette sind links oben im Bild).

So sah es früher in der Altstadt von Datong überall aus: Die Huotong-Siedlungen boten zwar wenig Komfort, aber eine gewachsene soziale Struktur, in der einfaches Leben möglich und erschwinglich war. Dieses Bild könnte morgen schon von historischem Wert sein, die Planierraupen stehen bereit.

Sanierte Bereiche und Schutthaufen geben der Stadt im Umbau eine bizarre Atmosphäre.

So sieht ein "saniertes", also neugebautes altes Viertel aus: Traditionelles Eingangstor, völlig neue einstöckige "ming"-zeitliche Häuser mit geschwungenen grauen Ziegeldächern mit genormten Bauelementen in Massenproduktion, überall in der Stadt gleich. Wer wird die neuen Häuser beziehen außer Geschäften?

Wo hat der Mensch noch Platz angesichts dieser urbanen Umgestaltung unfaßbarer Dimension?

Literatur, Links und Quellen:
Anke Kausch, China, DuMont Kunstreiseführer, 5. Auflage 2008, ISBN 978-3-7701-4313-9
Oliver Fülling, China. Richtig reisen, DuMont Reiseverlag, Ostfildern, Auflage: 2. Auflage 2008, ISBN-10: 3770176235, ISBN-13: 978-3770176236
Hans-Wilm Schütte, Odin Hug: China, Baedeker Allianz Reiseführer, Karl Baedeker Verlag, Ostfildern; 8. Auflage 2009, ISBN-10: 3829711093, ISBN-13: 978-3829711098
Copy & Paste im Städtebau: http://www.bauwelt.de/sixcms/media.php/829/bw_2012_7_0012-0021.pdf
Die neue Altstadt:
http://www.dradio.de/dlf/sendungen/hintergrundpolitik/1248694/

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