Bernhard Peter
Wayang-Kulit-Figuren aus Indonesien


Figuren-Datenbank: Kunti (Dewi)

Mythologie: Abstammung
Dewi Kunti (Dewi Prita, Preta, Jahnawi, Pandutanaya, Parti) ist die zweite Tochter von König Basukunti (König Surasena aus der Yadava-Dynastie) und der Göttin Dewi Dayita (Dewi Bandondari) aus dem Königreich Mandura, letztere eine Tochter von König Kunti, König von Boja. Sie wurde vom kinderlosen König Kuntiboja adoptiert, und als Baby erhielt sie den Namen Prita, aber seit der Adoption trug sie den Namen Kunti. Dewi Kunti hatte drei Geschwister, nämlich Harya bzw Prabu Basudewa, Harya bzw. Prabu Rukma und Harya bzw. Raden Ugrasena. Kunti ist die Tante von Prabu Kresna. 

Uuups - ein erster Sohn
Bevor Dewi Kunti ihren späteren Ehemann heiratete, hatte sie bereits vorehelich einen Sohn mit dem Sonnengott Betara Surya auf mystische Weise gezeugt, und das kam so: Sie hatte einst aus Versehen das von Resi Druwasa gelehrte Mantra Aji Pepanggil (Aji Gineng) rezitiert. Dieses Mantra hatte sie ein Weiser namens Durwasa gelehrt, und damit konnte sie einen beliebigen Gott anrufen und sich von diesem schwängern lassen. Denn der Weise hatte vorgergesehen, daß ihr späterer Ehemann ein Problem mit der Fruchtbarkeit haben sollte. Der Testlauf mit dem Mantra wurde bereits zum Erfolg. Kunti war noch zu jung und wollte eigentlich keinen Sohn deshalb legte sie das Kind in einen Korb und ließ es im Aswa-Fluss treiben. Der Sohn wurde dann von einem Wagenlenker namens Adirata im Palast von Astina (Hastinapur) adoptiert. Ihr Sohn bekam den Namen Basukarna bzw. Aradea oder Suryatmaja, und er wurde nach seiner Thronbesteigung als Adipati Karna bekannt und heiratete Dewi Surtikanti.

Ehemann, spirituelle Ehemänner und Nachwuchs
Ihr späterer Ehemann Prabu Pandu, König von Astina (Hastinapur), Sohn von Bagawan Abiyasa und Dewi Ambiki, hat sie in einem Wettbewerb im Land Mandura zur Frau gewonnen. Gemeinsam mit ihm bekam sie die Söhne Raden Arjuna, Raden Bima und Puntadewa (der spätere Prabu Yudistira). Eine andere Version beschäftigt sich mit der Frage der Zeugungsunfähigkeit Pandus, die Folge eines Fluches. Jetzt mußten auf Pandus Wunsch hin andere Väter für die fünf Pandawas her - der Gott Yama bzw. Darma für Yudistira, der Gott Bayu für Bima und der Gott Indra für Arjuna. Die Legende der Zeugungsunfähigkeit dient also der Schaffung von spirituellen Vaterschaften, die in Einklang mit dem jeweiligen Charakter steht. Außerdem erzog Dewi Kunti auch noch zwei verwaiste Stiefsöhne, die Zwillinge Nakula und Sadewa, die Söhne von König Pandu und der Göttin Madrim, der jungen Zweitfrau ihres Ehemannes. 

Ideal einer Mutter
Dewi Kunti gilt als Ideal einer aufopferungsvollen und guten Mutter. Charakterlich wird sie als mitfühlend, liebevoll und loyal beschrieben. Außer der Tatsache, daß sie in der Rolle der liebevollen und fürsorglichen Mutter der Pandawas aufging, pflegte Dewi Kunti eine tiefe Liebe zu spirituellen Wissenschaften. Sie überlebte ihren Ehemann um viele Jahre und lebte während des Baratayuda-Kriegs weiterhin am Hof von Astina. Sie versuchte erfolglos, den Konflikt zu schlichten. 

Alter und Tod
Während ihre fünf Söhne 14 Jahre lang im Exil lebten, lebte Kunti im Haus ihres Schwagers Widura. Erst nach dem Baratayuda-Krieg starb sie, zusammen mit der Göttin Gandari und deren Mann König Destarastra, ihren Schwägern, nachdem das Königreich an Yudistira übergeben worden war und sich alle gemeinsam im Alter zu einem gemeinsamen kontemplativen Leben in Meditation zurückgezogen hatten, sie starben an ihrem eigenen heiligen Feuer. 

Wayang-Figur
Ihre Darstellung ist typisch mit gesenktem Kopf mit edlen Gesichtszügen (schmale Augen, schmale Nase, die in die Stirn durchgezogen ist), mit schwarzem Gesicht. Sie trägt eine langärmelige geblümte Bluse über einem Kleid mit dreieckigem Zipfel nach vorne oder nach hinten je nach Regionalstil und darüber zwei Extrazipfeln. Das Haar trägt sie in einem Knoten, der nach unten geschlungen ist. Ihr Diadem ist oft ohne Garuda munkur und besitzt vorne eine Zacke. Sie trägt keine Krone. Hinter dem Ohr trägt sie einen im Bogen geschwungenen Schmuck, der vom Nacken nach hinten abbiegt.

Literatur, Links und Quellen:
Thomas Moog, Hardjowirogo: Java - Wayang Kulit, Göttliche Schatten: 1300 Namen, Mackinger-Verlag, 2013, 301 S., ISBN-10: 3950321470, ISBN-13: 978-3950321470, S. 172
Christiane Franke-Benn: Schattenspielfiguren aus Mitteljava, Versuch und Anleitung, die Individualität einzelner Figuren selbst zu bestimmen, Verlag: Harrassowitz, Wiesbaden 1981, ISBN 10: 3447022051, ISBN 13: 9783447022057, S. 80
Kunti (Dewi) im British Museum, London:
https://www.britishmuseum.org/collection/object/A_As1969-07-73https://www.britishmuseum.org/collection/object/A_As1859-1228-765 - https://www.britishmuseum.org/collection/object/A_As1859-1228-647
Kunti (Dewi) in den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden:
https://skd-online-collection.skd.museum/Details/Index/3908488
Kunti in der Digital Wayang Encyclopedia:
https://villaorlado.github.io/wayangnetworks/html/characterPages/Kunti.html 
Kunti:
https://tokohpewayanganjawa.blogspot.com/2014/01/kunti.html
Eintrag in der Wikipedia:
https://id.wikipedia.org/wiki/Kunti - https://jv.wikipedia.org/wiki/Kunthi - https://en.wikipedia.org/wiki/Kunti - https://de.wikipedia.org/wiki/Kunti
Museum of International Folk Art:
https://collection.internationalfolkart.org/objects/24815/dewi-kunthi


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