Dieter Seifert
Wayang-Kulit-Figuren aus Indonesien


Figuren-Datenbank: Sangkuni (Patih, Harya)

Mythologie:
Sangkuni (Sengkuni, Sakuni, Sekuni) ist der zweite Sohn von Prabu Gandara, König von Gandaradesa, und seiner Gemahlin Dewi Gandini. Sangkuni hat Geschwister, Dewi Gendari, Harya Surabasata und Harya Gajaksa. Als Jugendlicher trug er den Namen Harya Suman oder Harya Trigantalpati.
Sangkuni heiratete Dewi Sukesti, die Tochter von König Keswara, König von Plasajenar (Palasajenar). Das Ehepaar hatte drei Kinder, 1.) Harya Antisura (Harya Surakesti), 2,) Harya Surabasa und 3.) Dewi Antiwati, von denen letztere später Harya Udawa heiratete, den Premierminister von Dwarawati.
Sangkuni geriet in erbitterte Feindschaft zu Pandu, und das gleich auf mehrfache Weise: Erst reiste er zusammen mit seiner Schwester Gendari nach Mandura, um dort Kunti für sie als Braut zu erbitten. Auf dem Weg begegnet er Pandu, der schneller war und Kunti schon für sich gewonnen hatte. Sangkuni versucht, ihm die Braut zu entreißen, doch Pandu stampft Sangkuni in Grund und Boden und nimmt sich zur Strafe auch noch dessen Schwester Gendari, nicht für sich selbst, sondern er verheiratet sie mit seinem Bruder Destarastra Das war die erste Schmach für Sangkuni. Sangkuni will nun Minister unter Prabu Pandu werden, doch diesen Posten hat bereits Gandamana inne. Sangkuni kämpft gegen Gandamana und stößt ihn schließlich in ein Erdloch und füllt dieses mit Steinen, wobei ihm bereits die Korawas helfen. Doch glücklicherweise verfügt Gandamana über einen Zauber, mit dem er sich unverletzt aus dieser lebensbedrohlichen Lage befreien kann, und anschließend prügelt er Sangkuni zum Krüppel. Das war die zweite Schmach. Gandamana hat die Schnauze voll und verläßt das Reich Astina. So gelingt es Sangkuni, doch noch Minister von Astina zu werden. Insgeheim unterstützt er aber bereits die Seite der Gegner und macht gemeinsame Sache mit den Korawa-Brüdern.
Sangkuni ist ein gewandter Redner, durchtrieben, unehrlich und listig. Eloquent auf der einen Seite, boshaft auf der anderen Seite, war ein erfolgreicher, aber gefährlicher Zeitgenosse. Einerseits war sein Geschick in Kriegsführung, Strategie, Regierungsführung und Staatskunst nützlich, andererseits war seine durchtriebene Hinterfotzigkeit stets eine latente Gefahr für jeden, der mit ihm zu tun hatte. Durch Atembeschwerden zieht er eine Schulter leicht hoch, und seit er von Gandamana verprügelt wurde, hat er bleibende körperliche Schäden. Er beherrscht eine Reihe schmutziger Tricks und ist völlig skrupellos. Auf ihn geht das betrügerische Würfelspiel mit Yudistira zurück, bei dem die Pandawas alles verlieren und für 13 Jahre ins Exil müssen.
Er ist Minister unter Destarastra und damit neben Durna der wichtigste Berater der Korawas in Bezug auf Strategie und Staatsführung.
Sangkuni hatte eines Tages zufällig die Chance, sich unverwundbar zu machen: Sang Hyang Tunggal hatte Pandu das magische Öl Lenga Tawa geschickt. Da dieser aber nicht da war, wurden die Pandawas und die Korawas mit dem Öl behandelt, beim Gerangel wurde Öl verschüttet und Sangkuni wälzte sich geistesgegenwärtig darin, nur der Mund und der After wurden nicht benetzt. Sangkuni besaß ein einen magischen kurzen Speer, wie man ihn üblicherweise zum Treiben von Elefanten benutzt, der aber eine besondere Macht hatte: Wenn man ihn in den Boden stieß, konnte man damit Wasser beschwören.
Sangkuni belästigte nach besagtem Würfelspiel (er manipulierte den Würfel) Dewi Kunti so schändlich, dass sie schwor, ihre Bluse nie wieder zu öffnen, bis Sangkuni die Haut abgezogen werden würde. Dies geschah dann im Baratayuda-Krieg, in dessen Verlauf Sangkuni nach dem Tod von König Salya, dem König von Mandraka, zum Oberbefehlshaber des Kurawa-Reiches ernannt worden war: Bima war es schließlich, der ihm mit seinem Daumennagel „das Maul zerreißt". Sangkuni wurde die Haut abgezogen, letztere wurde Dewi Kunti übergeben, damit sie ihr Gelübde erfüllen konnte. Was von Sangkuni noch übrig war, zerschmetterte Bima anschließend mit seiner Keule Rujakpala. Es war ein grausamer, aber verdienter Tod.

Literatur, Links und Quellen:
Thomas Moog, Hardjowirogo: Java - Wayang Kulit, Göttliche Schatten: 1300 Namen, Mackinger-Verlag, 2013, 301 S., ISBN-10: 3950321470, ISBN-13: 978-3950321470, S. 229
Christiane Franke-Benn: Schattenspielfiguren aus Mitteljava, Versuch und Anleitung, die Individualität einzelner Figuren selbst zu bestimmen, Verlag: Harrassowitz, Wiesbaden 1981, ISBN 10: 3447022051, ISBN 13: 9783447022057, S. 107
Sangkuni in der Digital Wayang Encyclopedia:
https://villaorlado.github.io/wayangnetworks/html/characterPages/Sengkuni.html
Sakuni, Arya Sakuni, Museum Folkwang Sammlung Online:
https://sammlung-online.museum-folkwang.de:443/eMP/eMuseumPlus?service=ExternalInterface&module=collection&objectId=12784&viewType=detailView
Eintrag in der Wikipedia:
https://id.wikipedia.org/wiki/Sangkuni
Yale University Art Gallery:
https://artgallery.yale.edu/collections/objects/293315 - https://artgallery.yale.edu/collections/objects/236564
National Heritage Board:
https://www.roots.gov.sg/Collection-Landing/listing/1075999
Sangkuni (Patih) im British Museum, London:
https://www.britishmuseum.org/collection/object/A_As1939-04-59 - https://www.britishmuseum.org/collection/object/A_As1969-07-25
Sangkuni (Patih) in den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden:
https://skd-online-collection.skd.museum/Details/Index/3909917
Sangkuni:
https://tokohpewayanganjawa.blogspot.com/2014/05/sakuni.html
Sengkuni im Museum of International Folk Art: https://collection.internationalfolkart.org/objects/24726/sengkuni


Übersicht über die Charaktere des Wayang Kulit

Andere Berichte über Indonesien lesen
Andere Reiseberichte lesen
Home

© Copyright / Urheberrecht an Text, Graphik und Photos: Dieter Seifert, Nienborstel, 2025, sämtliche Rechte beim Autor
Impressum