Bernhard Peter
Fachbegriffe der Architektur: Schreine in Japan


Schreine

Jinja = allgemeiner Ausdruck für Schrein mit allen zugehörigen Bauwerken, meist an den Eigennamen drangehängt. Mit diesem Wort werden Verehrungsstätten des Shintoismus von buddhistischen Tempeln ("Tera", im Kontext "-dera") zu unterscheiden. Der Zugang zu einem Schreingelände wird meist mit einem Torii markiert. Neben diesem Verständnis im weiten Sinne,a lso als Schreinanlage, kann man "jinja" auch im engeren Sinne nur für das tatsächliche Schreingebäude benutzen. Heute wird alles als Jinja bezeichnet, während vor 1945 Schreine je nach Kategorie und Rang (es gab insgesamt 5) unterschiedlich bezeichnet wurden. Auch die Ausdrücke "Yashiro" sowie "Miya" und die Suffixe "-sha" und "-guu" verweisen auf einen Schrein.

Taisha = höchste Schrein-Kategorie in der bis 1945 üblichen Einteilung nach Rang, Großschrein. Kennzeichnet Schreine von überregionaler Wichtigkeit und Bedeutung. Beispiele: Ise Jinguu (Präfektur Mie), Izumo Taisha (Präfektur Shimane).

Chuusha = zweite, mittlere Schrein-Kategorie in der bis 1945 üblichen Einteilung nach Rang. Beispiele: Sumiyoshi Jinja (Osaka), Kumano Jinja (Präfektur Wakayama).

Shousha = dritte, niedrige Schrein-Kategorie in der bis 1945 üblichen Einteilung nach Rang, kennzeichnete kleine Schreine. Beispiele: Sengen Jinja (Präfektur Shizuoka), Izusan Jinja (Präfektur Shizuoka).

Kensha = vierte Schrein-Kategorie in der bis 1945 üblichen Einteilung nach Rang, kennzeichnete präfekturale Schreine, also Schreine, die von der Verwaltung einer Präfektur beaufsichtigt wurden. Beispiele: Nezu Jinja (Präfektur Tokyo), Kubo Hachiman Jinja (Präfektur Nagano).

Gousha = unterste Schrein-Kategorie in der bis 1945 üblichen Einteilung nach Rang, kennzeichnete einfache Dorfschreine, also Schreine, die vom Dorf selbst verwaltet wurden. Beispiele: Taji Jinja (Kyoto), Tajihayahime Jinja (Osaka).

Jingu (Jinguu) = kaiserlicher Ahnenschrein

Hokora = Kleinschrein ohne Nebengebäude, Miniaturschrein, entweder ganz für sich allein "um die Ecke" oder als Teil einer größeren Anlage.


Einzelne Elemente und Bauwerke eines Schreingeländes

Keidai = Schreingelände, Schreinbezirk: Meist liegen Schreine in einem weitläufigen Gebiet mit viel Natur und den Schreingebäuden darin.

Shamuso = Schreinbüro, die Verwaltung des Schreines

Juyosho = Verkaufsstand des Schreines, hier werden die Amulette, Talismane, Losorakel, Ema etc. verkauft., ggf. auch die Eintrittskarten

Temizuya = überdachtes Becken mit frischem Wasser zur rituellen Reinigung der Betenden

Emagake = Ständer zum Aufhängen der Votivtäfelchen (Ema)

Sando = Zuweg, der Weg, welchen die Gläubigen auf dem Weg zum Schrein beschreiten. Er ist meist von Laternen (Ishidoro), Läden und Geschäften gesäumt. Die Mittellinie des Sando heißt Seichu und wird von den Kami selbst benutzt. Wenn ein Schrein mehrere Zuwege hat, unterscheidet man den Omote-sando, den Vordereingang, und den Ura-sando, den Hintereingang.

Kamiike = heiliger See auf dem Schreingelände

Sorihashi = Bogenbrücke auf dem Schreingelände, welche einen heiligen Fluß oder See überspannt.

Komainu = Wächterfiguren rechts und links des Zugangs zum Schrein, außen am Torii, an einem Ro-mon oder direkt vor dem Honden möglich, auch multiples Auftreten möglich

Shinshi = Botentiere der Kami an Shintoschreinen, ersetzen die Komainu.

Sessha = untergeordnete Subschreine auf dem Schreingelände, stehen in einer Beziehung zum Hauptschrein. Stehen im Rang über den Sessha.

Massha = Hilfsschreine, kleine Nebenschreine auf dem Schreingelände, stehen nicht in einer Beziehung zum Hauptschrein. Stehen im Rang unter den Sessha.

Keidaisha = Nebenschrein irgendwo abseits der Hauptgebäude auf dem Keidai, dem Schreingelände

Wakamiya-Schrein = Subschrein, in dem ein Abkömmling des Kami des Hauptschreines eingeschreint ist, daher von der Bedeutung gleich nach diesem kommend. Beispiele: Kasuga Taisha in Nara und Tsurugaoka Hachimangu. Es kann sich um den göttlichen Sohn der Hauptgottheit handeln oder um die Hauptgottheit als Kind. Das Bild darin nennt man Wakamiya shinzou.

Chozuya = Temizuya = ein Becken zur rituellen Reinigung vor dem Schreinbesuch, in das frisches Wasser rinnt und an dem Schöpfkellen bereitliegen.

Tamagaki = niedriger Zaun um die Zentraleinheit aus Honden und Haiden, oft zinnoberrot gestrichen.

Chinju no mori = Schreinwald, mori = Wald, der die Schreingebäude umgebende Wald gilt als heilig. Ursprünglich wurden die ersten Jinja "Mori" genannt, weil die Natur selbst die ersten Heiligtümer waren und die Kami in den heiligen Wäldern wohnten.

Shintaisan = Kannabi = heiliger Berg ("Yama" hat selbes Kanji wie "san") hinter einem Schrein mit vom Kami bewohnter Natur. Deshalb betritt man diese naturbelassenen Wälder auch nicht, um die Götter nicht zu stören. Beispiele für göttliche Berge: Miwa-yama (Yama = Berg) hinter dem O-miwa jinja in Nara, Mikasa-yama hinter dem Kasuga Taisha in Nara.

Iwakura = Iwasaka = heilige Steine, mit Shimenawa und Shide gekennzeichnet, meist mit kleineren Steinen obendrauf, die die Gläubigen dort hinlegen.

Goshinboku = Himorogi = heilige Bäume, meist groß und uralt, mit Shimenawa und Shide gekennzeichnet, unter besonderem Schutz, Fällen verboten.

Maidono = Tanzhalle. Während der Schreinfeste finden hier rituelle Tänze statt, und sofern keine eigenen Plattformen dafür vorgesehen sind, nehmen hier auch die Musiker Platz. Typischerweise steht diese Halle zentral auf dem Schreinareal, ist reihum erreichbar und von einer sehr offenen Bauweise, wie ein Dach auf Stelzen. Der über Stufen erreichbare Boden der annähernd quadratischen Plattform liegt ca. einen Meter über dem Grund. Während der Heian-Zeit fanden diese Tänze noch meist unter freiem Himmel vor dem Shinden statt. Die allererste temporäre Tanzplattform ist aus der Mitte des 9. Jh. überliefert und wurde am Hirano jinja in Kyoto aufgebaut. Erst ein Jahrhundert später wurde daraus eine dauerhafte bauliche Einrichtung. Ein Maidono ist der bauliche Vorläufer eines Haiden. Das kam dadurch, daß diese Halle auch für rituelle Gebete benutzt wurde, bis diese Nutzung im Vordergrund stand und dieses Gebäude an den Honden rückte und mit diesem eine Zentraleinheit bildete.

Kaguraden = Halle zur Aufführung der Kagura-Tänze, synonym mit Maidono oder Kaguradono.


Die Zentraleinheit eines Schreines

Honden = Heiligtum eines Shinto-Schreines, heiligstes Bauwerk, das den Geist der Gottheit enthält, symbolisiert durch eine Statue, einen Stein oder einfach durch einen heiligen Spiegel. Ein Honden dient nicht der Versammlung der Gläubigen, sondern als Aufbewahrungsort des Shintai. Der Honden liegt meistens an der Rückseite einer Shinto-Anlage, normalerweise in derselben Achse wie Haiden und Heiden. Nur der Priester betritt den Raum bzw. die Teilräume. Es gibt auch Schreine ohne Honden, wenn der Kami z. B. auf dem Berg dahinter (Omiwa jinja, Sakurai, Nara) oder im Wasserfall nebenan (Nachikatsuura, Wakayama) wohnt.

Naijin = Teil eines Honden, inneres Heiligtum, Raum für die Heiligtümer oder heiligen Objekte. Bei Schreinen ist in diesem Raum der Geist des Gottes lokalisiert. Für den Publikumsverkehr ist dieser Raum bei Schreinen tabu.

Nainaijin = Teil eines Honden, allerinnerstes Heiligtum, wie oben, wenn bei komplexen Bauweisen der innerste Bereich noch einmal in einen Vorbereich (Naijin) und einen allerinnersten Bereich (Nainaijin) unterteilt ist. Tritt. z. B. im Kibitsu-Schrein auf..

Gejin = Teil eines Honden, Vorraum eines Schreines vor dem zentralen Kultraum. Bei Schreinen dient dieser Raum den Priestern der Darbietung von Opfergaben und zum Abhalten ritueller Gebete. Dieser Raum ist nicht für den Publikumsverkehr zugänglich.

Chujin = Chuujin, Teil eines sehr großen und komplexen Honden, Zone zwischen Naijin und Gejin, "Chu-" = "Mittel-". Tritt beim Kibitsu-jinja auf.

Shoden (Shouden, Seiden) = ein Bauwerk des Schreines, das der Hauptgottheit geweiht ist. Entspricht dem Honden.

Shintai = Schreinheiligtum, heiliger Gegenstand, wörtlich "Gott-Körper". Das kann ein Spiegel sein oder ein Schwert oder eine Statue. Shintai ist das Objekt, das als Sitz der Gottheit angesehen wird. Shintai sind normalerweise den Blicken des Publikums verborgen und werden nur bei Prozessionen anläßlich größerere Matsuri (Schreinfeste) umhergetragen. Ansonsten sind sie im Honden eingeschlossen.

Haiden = eine Andachtshalle bzw. Zeremonienhalle eines Shinto-Schreines, normalerweise in derselben Achse wie Honden und Heiden angeordnet, aber ganz vorne, noch vor dem Heiden. Diese Halle dient den Gläubigen zum Verrichten ihrer Gebete und ähnelt in der Funktion einem Raido (Raidou) eines buddhistischen Tempels, von dem sie abgeleitet sein könnte (eine Theorie von mehreren). Es gibt sogar Shinto-Schreine, die nur einen Haiden, nicht aber einen Honden besitzen, das ist der Fall bei einigen Schreinen in Berggegenden, wo man glaubt, daß die Gottheiten auf den Berggipfeln drum herum wohnen, z. B. beim Omiwa-Schrein.

Shinden = ein von aristokratischen Residenzen abgeleitetes Bauprinzip mit symmetrisch in Bezug auf eine Nord-Süd-Zentralachse angeordneten gestaffelten Gebäudeeinheiten mit seitlichen Nebenbauten rechts und links des Hauptgebäudes und mit in Ost-West-Richtung verlaufendem First der Zentraleinheit.

Heiden = Opferhalle eines Shinto-Schreines, normalerweise in der selben Achse wie Honden und Haiden angeordnet. und zwischen diesen beiden plaziert. In einem Heiden werden den Gottheiten (Kami) die Opfergaben (Heikaku) dargebracht. Die Halle kann aber auch als erhöhter Platz zum Beten genutzt werden. Baulich gibt es mehrere Möglichkeiten der Umsetzung: Es kann sich um ein freistehendes Gebäude handeln, oder es kann mit dem Haiden baulich eine Einheit bilden, oder es kann ein Verbindungsbau zwischen Haiden und Honden sein im Sinne eines Ai-no-ma.

Ai-no-ma = Zwischenstück. Ganz allgemein ist damit der Zwischenraum zwischen zwei Hauptgebäuden gemeint. Speziell in der Schreinarchitektur bezeichnet das Wort einen Verbindungsbau zwischen Honden und Haiden. Eine solche Konstruktion kommt in den Schreingrundtypen Gongen-zukuri und Hachiman-zukuri vor. Das Ai-no-ma kann die Funktion eines Heiden haben.

Ishi-no-ma = eine Variante des Ai-no-ma, bei der der Fußboden mit flachen Steinen bedeckt ist und tiefer liegt als der Fußboden von Honden und Haiden. Wörtlich = Stein-Raum.

Warihaiden = wörtlich: geteilte Andachtshalle, ein bestimmter Typ einer Andachtshalle mit Tor (chuumon) in der Mitte und einer westlichen (nishi haiden) und einer östlichen (higashi haiden) Teilhalle. Wird das Tor mit einem geschwungenen Giebel (Karahafu) hervorgehoben, sehen die seitlichen Hallen wie Flügelbauten aus. Beispiele: Isonokami Jinguu Sessha Izumo Takeo Jinja in Nara, Oosaki Hachimanguu Nagatoko (Präfektur Miyagi).

Yokohaiden = ein bestimmter Typ einer Andachtshalle mit langrechteckigem Grundriß und mittig angeordneten Eingängen auf Vorder- und Rückseite. Beispiel: Ujigami Jinja Haiden (Präfektur Kyoto).

Tatehaiden = ein bestimmter Typ einer Andachtshalle, die vorne an ein Honden angebaut ist und gleichzeitig als Zugangshalle für diesen benutzt wird. Der First steht senkrecht zu dem des Honden. Das Gebäude wirkt wie ein sehr breiter Korridor. Durch seine Lage kann das Gebäude zusätzlich die Funktion eines Heiden wahrnehmen. Beispiel: Owari Ookunitama Jinja (Präfektur Aichi).

Seihokei Haiden (Seihoukei Haiden) = ein bestimmter Typ einer Andachtshalle auf quadratischem Grundriß mit den Eingängen auf den Giebelseiten, meist 3x3 Raumeinheiten groß.

Sayado (Sayadou) = Ooido (Ooidou) = Todo (Toudou) = Schutzhalle, eine über einem älteren, witterungsanfälligen Schrein errichtete größere Halle zum Schutz vor den Elementen.


Baustile: Grundstrukturen und Modelltypen von Schreinen

Zukuri = Bauweise

Taisha-zukuri = ältester Grundtyp der Shinto-Architektur, rechteckiger Schrein (Honden) von meist 2x2 Raumeinheiten, mit Satteldach, Eingang des klein dimensionierten Schreines befindet sich an der Giebelseite rechts neben dem Mittelpfeiler und wird vom überstehenden Dach geschützt, kann aber auch ein eigenständiges Satteldach haben. Der Name bezieht sich auf ein typisches Modell, den Izumo-Taisha, dem Groß-Schrein von Izumo. Weitere Beispiele: Kamosu Jinja, Kumano Jinja. Regionale Häufung in den Präfekturen Shimane (alle drei genannten Beispiele) und Tottori.

Sumiyoshi-zukuri = Grundtyp der Shinto-Architektur, langrechteckiger Schrein (Honden) mit Satteldach, Eingang des Schreines befindet sich an der Giebelseite, mittig, so daß ein kleiner Pfeiler über dem Türsturz den First trägt. Üblicherweise 4x2 Raumeinheiten groß und der Länge nach geteilt, hinten Naijin, vorne Geijin, jede Einheit 4x1 Raumeinheiten groß. Querbalken auf dem Dachfirst von rechteckigem Querschnitt. Der Name bezieht sich auf ein typisches Modell, den Sumiyoshi-Taisha Honden in Osaka. Weiteres Beispiel: Sumiyoshi Jinja (Präfektur Fukuoka).

Otori-zukuri (Outori-zukuri) = Grundtyp der Shinto-Architektur, kurzrechteckiger Schrein (Honden) mit Satteldach, Eingang des Schreines befindet sich an der Giebelseite, mittig, so daß ein kleiner Pfeiler über dem Türsturz den First trägt. Im Prinzip also ähnlich wie Sumiyoshi-zukuri, Gebäude aber kürzer und mit breiterer Stirnseite. Querbalken auf dem Dachfirst mit rechteckigem Querschnitt. Der Name bezieht sich auf ein typisches Modell, den Otori-Taisha (Outori-Taisha) in Sakai.

Kasuga-zukuri = Grundtyp der Shinto-Architektur, Schrein (Honden) mit Satteldach, Eingang des sehr kleinen, oft nur eine Raumeinheit großen Schreines befindet sich an der Giebelseite, mittig, mit zusätzlichem Pultdach auf der Giebelseite als Vordach über dem Eingang. Im Prinzip also ähnlich wie Sumiyoshi-zukuri, aber mit Vordach. Der Name bezieht sich auf ein typisches Modell, den Kasuga-Taisha-Schrein in Nara. Weiteres Beispiel: Uda Mikumari Jinja Honden in Nara.

Sanja-zukuri = Sangenyashiro = Sangensha = Grundtyp der Shinto-Architektur, rechteckiger Schrein (Honden) mit Satteldach, gewöhnlich 3x2, manchmal auch 3x1 Raumeinheiten groß, Eingang des Schreines befindet sich an der Längsseite (Traufseite). Bildet die Basis für den nachfolgenden Typ.

Nagare-zukuri = Ryonagare-zukuri (Ryounagare-zukuri) = Nagare-hafu-zukuri = häufiger und in ganz Japan verbreiteter Grundtyp der Shinto-Architektur, Schrein (Honden) mit runden Säulen und Satteldach, Eingang des Schreines befindet sich an der Längsseite (Traufseite), typisch im Bogen weit heruntergezogenes Dach, das nur auf der Vorderseite den Stufeneingang, die Veranda und den ggf. vorhandenen Vorraum (Hisashi) überdeckt. Von der Seite sieht das Dach daher asymmetrisch aus. Typisches Beispiel: Ujigami-jinja Honden (Kyoto). Weitere Beispiele: Kubohachiman Jinja Honden (Präfektur Yamanashi), Kamitani Jinja Honden (Präfektur Kagawa).

Shinmei-zukuri = alter Grundtyp der Shinto-Architektur, Schrein (Honden) mit Satteldach, Eingang des Schreines befindet sich mittig an der Längsseite (Traufseite). Umlaufende Veranda. Typisches Beispiel: Ise-Jingu (Ise Jinguu Gekuu Betsuguu Tsuchinomiya). Regionale Häufung in der Präfektur Mie. Weitere Beispiele: Nishina Shinmeiguu Honden (Präfektur Nagano), Atsuta Jinguu Shouden (Präfektur Aichi).

Hachiman-zukuri = häufiger Grundtyp der Shinto-Architektur, komplexere Bauweise mit eigentlichem Schrein (Honden) und vorgebauter Gebetshalle (Haiden), kurzes Zwischenstück zwischen beiden, entsprechend zwei parallele Dächer, Eingang an der Längsseite (Traufseite). Von der Seite sieht das aus wie zwei parallel aufgestellte Gebäude mit zwei Giebeln nebeneinander. Die vordere Einheit ist möglicherweise von geringerer Tiefe als die hintere Einheit. Der Name bezieht sich auf ein typisches Modell, den Hachimanguu-Schrein in Usa. Weitere Beispiele: Ima Hachimanguu (Provinz Yamaguchi), Iwashimizu Hachimanguu (Kyoto).

Hie-zukuri = Shotei-zukuri (Shoutei-zukuri) = Shotai-zukuri (Shoutai-zukuri) = Sanno-zukuri (Sannou-zukuri) = Grundtyp der Shinto-Architektur, komplexere Bauweise mit einem Dach an jeder Stirnseite. Es gibt eine Zentraleinheit (Moya) und auf drei Seiten einen Flügelgang (Hisashi), wobei es charakteristisch ist, daß ein gang auf der Rückseite fehlt. Daher sieht so ein Schrein von hinten in Bezug auf die Dachlandschaft wie abgeschnitten und die Wand trapezförmig aus. Üblicherweise liegt der Fußboden solcher Gebäude sehr hoch. Der Name bezieht sich auf ein typisches Modell, den Hiyoshi-Taisha (Hie-jinja) in Otsu (Outsu) am Biwa-See.

Gongen-zukuri = Ishinoma-zukuri = Yatsumune-zukuri = Miyadera-zukuri = seltener Grundtyp der Shinto-Architektur, Honden und Haiden stehen parallel mit etwas Abstand zueinander (parallele Firste) und sind durch ein relativ langes Zwischenstück mit Satteldach (90° zu den anderen Firsten) miteinander verbunden. Diue sich daraus ergebende Dachkonstruktion, insbesondere mit Irimoya-Dächern, ist komplex. Der Name Gongen-zukuri bezieht sich auf ein typisches Modell, den Gongen (= Toushou Daigongen = Shogun Tokugawa Ieyasu) gewidmeten Hauptgebäude im Toshogu-(Toushouguu)-Schrein von Nikko. Weitere Beispiele: Kitano Tenmanguu (Kyoto), Oosaki Hachimanguu (Präfektur Miyagi). Der alternative Name Yatsumune-zukuri heißt soviel wie 8-Grate-Bauweise, die Zahl kommt aber nicht hin; bei Pyramidendächern wären es sieben Grate, bei Walmdächern elf und bei Irimoya-Dächern ebenfalls elf.

Irimoya-zukuri = Grundtyp der Architektur allgemein, Anleihe der Schreinarchitektur an der Tempelarchitektur, Schrein mit Fußwalmdach. Eingang liegt in der Mitte der Längsseite und wird entweder mit einem wellenförmigen Ortgang und ggf. noch zusätzlich mit einer Gaube akzentuiert.

Kibitsu-zukuri = Grundtyp der Shinto-Architektur, komplexere Bauweise mit parallelen Honden und Haiden, mit verschmolzenen Fußwalmdächern und Vorbau für den Eingang. Der Name bezieht sich auf ein typisches Modell, den Kibitsu-Jinja bei Okayama.


Konstruktive Elemente eines Schreinbauwerks

Tsuma-iri = Eingang des Schreines befindet sich an der Giebelseite, ein Typmerkmal einiger Schreingrundschemata

Hira-iri = Eingang des Schreines befindet sich an der Längsseite, parallel zum First, ein Typmerkmal einiger Schreingrundschemata

Tsuma = Giebelseite eines Bauwerks mit Satteldach und auch der kleine dreieckige Giebel bei einem Fußwalmdach

Munagi = Oomune = Firstbalken, oberster Horizontalbalken einer Holzkonstruktion

Mune = Kantenbalken, also Firstbalken, schräger Abschlußbalken oder Eckenbalken

Katsuogi = Kasoegi = Querbalken auf dem Dachfirst, ursprünglich zur Beschwerung des Reets, danach nur noch symbolisch. Diese kleinen Querbalken liegen waagerecht oben auf dem Firstbalken quer zu diesem, wie bei einer Leiter mit nur einem Mittelholm. Querschnitt meistens rund und beiderseits nach außen etwas konisch verjüngt, außer beim Sumiyoshi- und Otori-Typ, dort rechteckig. Sind immer vorhanden bei den Grundtypen Shinmei-zukuri, Kasuga-zukuri, Sumiyoshi-zukuri und Taisha-zukuri. Ursprünglich ein Merkmal kaiserlicher Palastarchitektur, dann von den mächtigsten Familien für ihre Häuser mit kaiserlicher Erlaubnis übernommen, schließlich in der Schreinarchitektur angekommen. Die Reihe beginnt in der Regel erst hinter den Chigi. Die Anzahl variiert. Bei hochangesehenen Schreinen werden die Enden mit bronzenen, kupfernen und/oder vergoldeten Kappen zum Schutz vor Verwitterung versehen.

Chigi = Giebelschmuck in Form zweier schräggekreuzter Bretter, typisches Merkmal einer Shinto-Architektur. Kommen standardmäßig vor bei den Grundtypen Shinmei-zukuri, Kasuga-zukuri und Taisha-zukuri. Sie gehen zurück auf den jeweils verlängerten Ortgang, aber die konstruktive und das Schilf oder Reet fixierende Funktion ging verloren. Sie sitzen nun wie Dachreiter auf dem First und nicht mehr notwendigerweise ganz am Ende des Daches. Zwei Löcher für den Wind und eine Endkerbe können eingeschnitten sein. Besagte Löcher und Kerben können dekorativ mit Metall eingefaßt sein. Die Gestalt zeigt an, ob hier ein männliches oder weibliches Wesen verehrt wird: männlich = vertikaler Schnitt kappt das Brett, weiblich = horizontale Endabschrägung.

Hafu = Hafu-ita = Ortgang, gerade oder gebogene Bretter an der Giebelseite eines Daches, die die seitliche Kante des Schilfes bzw. Reets verdecken und schützen.

Karahafu = wellenförmiger Ortgang mit erhöhtem Mittelteil und S-förmig herabgebogenen Seiten, typischerweise über einem Eingang oder Tor oder über einer Treppe mit Schutzdach

Chidori hafu = dreieckiger Ortgang einer Ziergaube bzw. eines Ziergiebels, typischerweise mit stark konkav eingekrümmten Seiten

Gegyo = hölzerne Ziereinsätze im Giebeldreieck, an den Ortgang gesetzt.

Omogegyo = hölzerne Ziereinsätze im Giebeldreieck, oben in den Zwickel, wo sich die beiden Ortgangbretter treffen, gesetzt.

Kudarigegyo = hölzerne Ziereinsätze im Giebeldreieck, seitlich an den Ortgang gesetzt.

Hire = seitlich angesetzte schmückende Verbreiterungen eines Gegyo

Kohai (Kouhai) = Vordach über den zu einem Schrein oder Tempel hochführenden Stufen

Toi = Toyo = Dachtraufe, Dachrinne

Shitomido = Shitomi = Hajitomi = hölzerne Gitterläden außen oder innen an den Fenstern, horizontal geteilt, oberer Teil zum Herunterklappen, in offenem Zustand durch metallene Halen in horizontaler Stellung fixiert.

Hamayuka = Chodai (Choudai) = kleine, leicht erhöhte Plattform vor der Hauptfront eines Schreines unterhalb und seitlich beiderseits der zur Hauptebene des Honden hochführenden Treppe (Kouhai). Auf dieser mit einer niedrigen Balkeneinfassung versehenen Plattform wartete früher der Priester auf hochrangige Personen.


Tore von Schreinen

Shinmon = Göttertor, jede Art von Tor in Schreinen, die nicht das Außentor ist, durch das man den heiligen Bezirk betritt. Können ein- oder zweistöckig sein.

Torii = Einzel- oder Außentor eines Schreines, dachloses Tor. In der Regel steht das Tor frei, besitzt keine Torflügel und ist auch nicht in einen beiderseits angrenzenden Bretterzaun eingebunden.

Hashira = Pfosten z. B. eines Torii

Kasagi = oberer, kräftigerer Quersturz eines Torii, verbindet die beiden Hashira, diesen oben aufliegend

Shimaki = ein zweiter Quersturz, der ohne Lücke an der Unterseite des Kasagi entlangläuft und die Konstruktion verstärkt.

Nuki = zweiter, schwächerer Quersturz eines Torii, verbindet etwas weiter unten die beiden Hashira und versteift die Konstruktion, hat eine deutliche Lücke zum Kasagi, verläuft gerade

Gakazuka = kurze vertikale Mittelstrebe eines Torii, verbindet Kasagi oder Shimaki mit dem Nuki.

Myojin torii (Myoujin torii) = die häufigste und eleganteste Form eines Torii, die beiden Enden des Kasagi leicht nach oben gebogen, mit einem Shimaki darunter. Kasagi und Shimaki an den Enden leicht einwärts schräg geschnitten. Nuki steht beiderseits der Hashira über. Durchgang quadratisch bis trapezoid. Gakazuka vorhanden.

Ise torii = eine für den Schrein von Ise typische Form eines Torii, Hashira nach innen geneigt, die Nuki stehen nicht über die Hashira über, und der schwere obere Balken hat einen fünfeckigen Querschnitt. Der obere Balken hat eine fast unmerklich konkave Oberkante. Die Enden sind schräg nach unten abgeschnitten.

Shinmei torii = Futabashira torii = eine Form eines Torii mit gänzlich geraden horizontalen Elementen.

Kashima torii = Unterart eines Shinmei torii mit parallelen, also genau vertikalen Hashira, und ohne Shimaki. Kasagi ist rund und länger als der Nuki. Es gibt auch keinen Gakazuka.

Kasuga torii = Unterart eines Shinmei torii mit einwärts geneigten, also schrägen Hashira, mit Shimaki. Nuki steht beiderseits über die Pfosten über. Es gibt ein Gakazuka. Kasagi und Shimaki sind gerade abgeschnitten.

Kuroki torii = einfachste Unterart eines Shinmei torii mit vier runden Elementen aus unbehandeltem Holz, ursprünglich sogar noch Stämme mit Rinde, keine Neigung der Hashira.

Hachiman torii = Unterart eines Shinmei torii mit einwärts geneigten, also schrägen Hashira, mit Shimaki. Nuki quadratisch im Querschnitt und steht beiderseits über die runden Pfosten über. Es gibt ein Gakazuka. Kasagi und Shimaki sind schräg nach innen abgeschnitten.

Shiromaruta Torii = Goryo torii (Goryou torii) = Shiroki torii = Eingang in Form eines Torii aus rohen, unbehandelten, unlackierten Stämmen am Eingang zu Gräbern der Kaiser bzw. der kaiserlichen Familie. Es wird der Typ Shinmei torii verwendet.

Miwa torii = Mitsu torii = Sanko torii (Sankou torii) = Eingangstor zu einem Shinto-Schrein, das aus drei Abschnitten nebeneinander besteht: An ein zentrales Tor vom Typ Myojin torii (Myoujin torii), aber mit vertikalen Pfosten ohne Neigung, sind seitlich zwei kleinere Torii angebaut. Kann mit Türflügeln verschlossen sein.

Waki torii = Eki dorii = Sode torii = seitliche Flügel oder Nebentore eines dreiteiligen Torii vom Typ Miwa torii.

Toriimon = ein Schrein-Tor vom Typ eines Torii, das ausnahmsweise beiderseits an einen Bretterzaun grenzt und somit nicht nur ein symbolisches, sondern ein echtes Tor ist.


Literatur, Links und Quellen:
David Young, Michiko Young: Art of Japanese Architecture, 176 S., Verlag: Tuttle Shokai Inc. 2014, ISBN-10: 4805313021, ISBN-13: 978-4805313022
A. L. Sadler: Japanese Architecture: A Short History (Tuttle Classics of Japanese Literature), 288 S., Verlag Tuttle Shokai Inc. 2009, ISBN-10: 480531043X, ISBN-13: 978-4805310434
Mira Locher, Ben Simmons: Japanese Architecture: An Exploration of Elements and Forms, 224 S., Verlag: Tuttle Shokai Inc., 2. Auflage 2014, ISBN-10: 4805313285, ISBN-13: 978-4805313282
Kazuo Nishi, Kazuo Hozumi: What is Japanese Architecture? A Survey of traditional Japanese architecture, Kodansha International, Tokyo, Lonon, New York 1996, ISBN-10: 4-7700-1992-0
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