Bernhard Peter
Kamakura (Präf. Kanagawa), Tsurugaoka Hachiman-gu, Teil (3): Messer-Zeremonie im Maiden, 1. Teil


Eine Messer-Zeremonie mit einem Fisch im Maiden, Teil (1)

Das hier in Bildern gezeigte Ritual heißt Hocho-shiki (Houchou-shiki) und ist eine traditionelle, 1000 Jahre alte japanische Küchenmesser-Zeremonie. Das Ritual Hocho-Shiki fand seit der frühen Heian-Zeit am kaiserlichen Hof statt. Das Ritual ist eine Opferzeremonie und hat ihren Ursprung in der Hofküche Yusoku Ryori (Yuusoku Ryouri). Das Wort Hocho für Küchenmesser wurde früher mit einem anderen Kanji als heute geschrieben. Das alte Kanji hatte die Bedeutung "Restaurantküche". Dieses Zeichen wird heute für den "Koch" selbst verwendet. Der Name des Messers und des Kanji kommt aus China und leitet sich ab von einem berühmten Koch dieses Namens Hocho, der für seine Meisterschaft im Umgang mit Messern berühmt war. In feierlicher Atmosphäre wird ein ganzer, ungeschnittener Fisch, der als Opfergabe für den Kami bestimmt ist, mit einem zeremoniellen Messer (Hocho, Houchou) in der rechten und den großen, metallenen Mana-Eßstäbchen (Mana-hashi, Manabashi) in der linken Hand ohne direkte Berührung zubreitet, mit stark ritualisierten, formalisierten und sparsamen Bewegungen. In jeder einzelnen Bewegung der Zubereitung und in der Schnitt-Technik drückt sich fachkundige Meisterschaft aus. Jede einzelne Bewegung erscheint dem Betrachter bedeutungsgeladen und kraftvoll. Das Messer selbst ist wie ein kurzes japanisches Schwert geformt, besitzt aber keine Tsuba. Die Kunst besteht darin, beim Schneiden keinen Knochen zu treffen. Diese historische Messer-Zeremonie, die früher Teil der höfischen Kochkunst war, wird heute nur noch bei besonderen Anlässen zelebriert, bei Kulturveranstaltungen, in Museen oder wie hier bei Schrein-Ritualen. Der ausführende Meister trägt das traditionelle Gewand der Shinto-Priester (Hitatare-Robe, weißes Kariginu) mit entsprechender Kopfbedeckung (Eboshi-Mütze). Zu Anfang binden seine Assistenten die weiten Ärmel mit am Gewand befestigten Schnüren hoch, damit sie nicht beschmutzt werden. Da die Durchführung sehr anstrengend ist, wischen die assistierenden Priester regelmäßig dem Ausführenden den Schweiß von der Stirn. Während der ganzen Zeremonie wird der Fisch zu keinem Zeitpunkt mit den Händen berührt, während er auf dem Holzbrett mit den überdimensioniert wirkenden Kochutensilien zerkleinert wird. Da die Speisen für den Kami bestimmt sind, würden sie durch eine Berührung mit der Hand verunreinigt werden; Gleiches galt früher in der Hofküche, wenn die Speisen für den Kaiser bestimmt waren. Die Kunst dieses Rituals wird auch als Hocho-do (Houchou-dou) bezeichnet, der Weg des Küchenmessers. Nach Beendigung der Zeremonie werden die kunstvoll präparierten Stücke der Dorade dem Kami zum Opfer dargebracht. Im Shinto-Kontext ist die ganze Zeremonie eine Opfergabe an den Kami.

 

 

 

 

 

 

 

 

Literatur, Links und Quellen
Hocho-shiki auf Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/H%C5%8Dch%C5%8Dd%C5%8D - https://en.wikipedia.org/wiki/H%C5%8Dch%C5%8Dd%C5%8D
Hocho-shiki als Kochritual in Kyoto:
https://www.hochoshiki-knifeceremony.com/
Hocho-shiki in Kamakura am Hachimangu:
https://omairi.info/2019/04/22/kamakuramatsuri2019-houchoushiki/
Kerstin Guggermeier: Die Präzision der Klinge. Von den Anfängen der japanischen Schwertkunst bis zum heutigen Messerdesign, Diplomarbeit, Karl-Franzens-Universität Graz, Institut für Kunstgeschichte, Graz 2011 -
https://unipub.uni-graz.at/obvugrhs/content/titleinfo/217415/full.pdf
ein herzliches Dankeschön an Herrn Takayuki Murakami für wertvolle Hinweise und Erläuterungen


Tsurugaoka Hachiman-gu, Teil (1): Beschreibung und Photos von Sando und Maiden - Tsurugaoka Hachiman-gu, Teil (2): Photos der unteren Ebene und des Romon - Tsurugaoka Hachiman-gu, Teil (4): Messer-Zeremonie im Maiden, Teil 2 - Tsurugaoka Hachiman-gu, Teil (5): Photos der oberen Ebene, Romon und Zentraleinheit

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