Bernhard Peter
Otsu (Präfektur Shiga), Enman-in Monzeki


Lage und Erreichbarkeit
Der Tempel Enman-in liegt im Nordwesten der Stadt Otsu (Adresse: 33, Onjojicho, Otsu-shi, Präfektur Shiga, 520-0036, Japan). Man erreicht ihn entweder, insbesondere wenn man auch den Mii-dera besuchen möchte, vom Keihan-Bahnhof Miidera (innerstädtische Ishiyama Sakamoto Line), von dem aus man nur dem alten Biwa-See-Kanal 400 m nach Südwesten folgen muß, vor dem Wald (bzw. direkt nach dem Tunneleintritt des Kanals) biegt man nach rechts (nach Norden) ab, geht am Mii-dera und dessen Nio-mon vorbei und biegt hinter dem großen Parkplatz nach links ab, insgesamt 930 m bis zum Haupteingang. Kürzer wird es, wenn man gleich die erste Brücke über den Kanal wählt und dann nach Westen geht, dann sind es nur 710 m. Alternativ und noch besser, wenn man den Mii-dera nicht besucht, fährt man eine Haltestelle weiter bis zum Stop Otsu-shiyakusho-mae und läuft nach Süden; die Entfernung ist günstiger, ca. 530 m.

In der Regel wird man von Kyoto aus mit der Eisenbahn (JR) kommen, Tokaido Main Line oder Biwako Line. Diese hat zwei Berührungspunkte mit der Keihan Line: Zeze und Ishiyama; Zeze ist natürlich günstiger zum Umsteigen. Man kann auch mit der JR Kosei Line bis Otsukyo fahren, zur Keihan-Station Ojiyama laufen und von dort eine Station nach Süden fahren. Zu Fuß wären es 1,3 km Weg von Otsukyo bis zum Tempel. Eine Alternative ist die Keihan Electric Railway Keishin Line ab Keihan Yamashina (dort JR-Anschluß und U-Bahn Tozai Line) nach Hamaotsu, wo man in die Ishiyama Sakamoto Line umsteigt. Wem der fünfzehnminütige Fußweg zu weit ist, steigt am JR Bahnhof Otsu aus und nimmt an Bussteig 3 den Keihan Bus 26 nach Otsukyo oder die Linie 66 bzw. 66A nach Hieidaira bis zur Haltestelle Miidera (11 Minuten).

Der Enman-in liegt zwar direkt neben dem touristischen Schwergewicht Mii-dera, wird aber weniger frequentiert und ist ruhiger. Dafür tummeln sich die Besucher auf einer deutlich kleineren Fläche. In den Gebäuden ist Photographieren verboten, in Richtung Garten ist jedoch erlaubt. Umgekehrt gibt es kaum Flächen, von denen aus man die Gebäude gut photographieren kann; Totalen sind so gut wie unmöglich.


Geschichte und Bedeutung
Mit vollem Namen heißt der Tempel Sohonzan Enman-in Monzeki. Sohonzan ist der Berg-Name. Monzeki bedeutet, daß traditionell ein Prinz aus dem Hochadel oder Kaiserhaus das Oberhaupt des Tempels ist. Das Oberhaupt selbst wird auch Monzeki genannt. Weitere solche Tempel sind z. B. der Bishamon-do in Yamashina, der Daikaku-ji in Arashiyama, der Chion-in und der Manshu-in in Kyoto, der Sanzen-in in Ohara, der Jisso-in in Iwakura, der Kaju-in in Yamashina, der Ninna-ji, der Myoho-in, der Shogo-in und der Shoren-in in Kyoto. Auch die Tempel Unryu-in und Hiden-in, beides Subtempel des Sennyu-ji, gehören dazu, insbesondere spielt der Sennyu-ji eine Rolle als Begräbnistempel für die Aristokratie und die kaiserliche Familie. Der Sanboin-Monzeki gehört zum Daigo-ji. Insgesamt gibt es in ganz Japan mit seinen mehr als 200000 Tempeln nur eine niedrige zweistellige Anzahl Monzeki-Tempel, wobei die Häufung in und um den kaiserlichen Sitz Kyoto natürlich am größten ist. Diese Tempel erfuhren eine bevorzugte Behandlung und haben typischerweise eine besonders wertvolle Ausstattung. Sicherstes Kennzeichen ist das Auftauchen des Kiku-mon, des kaiserlichen Chrysanthemenwappens an prominenter Stelle, z. B. auf Toren, Lampen etc. Hier im Enman-in taucht der Chrysanthemenblütenstand zusammen mit dem Kiri-mon, der Paulownienblüte, auf den Tüchern vor dem Eingang auf. Im Falle des Enman-in war es der kaiserliche Prinz Munehira (951-1041), der dritte Sohn des Kaisers Murakami (924-967, regierte 946-967) mit dessen Konkubine Fujiwara no Seihi, der während der Heian-Zeit im Jahre 987 den Enman-in gründete und der erste Abt war. Nachfolger im Amt des Kaisers wurden der 2. und der 7. Sohn des Kaisers Murakami, beide mit seiner Hauptfrau Fujiwara no Anshi.

Bei seiner Gründung hieß der Tempel Enjo-ji Byodo-in. Dieser Name trug aber später auch der berühmte Tempel in Uji. Und es verbindet die beiden Tempel noch mehr: Myoson, ein Priester des Enman-in war es, der den Byodo-in in Uji gründete.

Der Enman-in war die meiste Zeit seines Bestehens ein Tempel der Tendai-Schule, genauer der Tendai Jimon, als es zur Spaltung in Jimon-ha and Sanmon-ha kam, erstere die Parteigänger von Enchin, letztere die Parteigänger von Ennin. Heute gehört er zu einer unabhängigen Schule, nachdem der Tempel aufgrund einer finanziellen Schieflage im Bestattungsgeschäft im Jahre 2009 am 26. Mai in einer höchst ungewöhnlichen Aktion zwangsversteigert wurde und von einer neuen religiösen Gemeinschaft aus Koka (Shiga) erworben wurde. Bereits zuvor war der Tempel zweimal zur Versteigerung gekommen, aber in beiden Fällen brachte der erfolgreiche Bieter das Geld nicht auf. Beim dritten Mal klappte die Versteigerung. Das Ungewöhnliche daran ist, daß hier eine Immobilie mit wichtigem Kulturgut, also Gebäude und Garten von nationalem Interesse, zur Versteigerung kam. Das im Tempel verehrte Hauptbild ist Konjiki Fudo Myo-o (Sanskrit: Acala), dessen Name auch auf dem Sumigaki der Pilgerstempel (Goshuin) erscheint.


Struktur der Anlage und Beschreibung
Der Eingang liegt im Osten. Dort durchschreitet der Besucher das Chokushi-mon, das Tor für die kaiserlichen Gesandten, ein Tor mit geziegeltem Satteldach. Es ist in eine gelb gestrichene Mauer integriert, diese mit fünf weißen horizontalen Linien. Das Tor ist asymmetrisch in die Mauer eingebaut, die nur rechterhand bis zur Straße vorspringt, während linkerhand ein kurzes Stück Mauer bis zur breiten Zufahrt ohne Tor weiterführt. Hinter dem Chokushi-mon versperrt eine zweite gelbe Mauer auf hohem Steinsockel den Blick, die man entweder linksherum auf der Zufahrt oder rechts herum über die Treppe umgeht, um auf das erhöhte Niveau des Tempels zu gelangen. Das zweistöckige Gebäude nördlich der geharkten Kiesfläche links der Zufahrt ist der moderne Sanmitsu-den, der u. a. die Tempelherberge (Shukubo) enthält. Wer hier nächtigt, hat freien Zutritt zu Shinden und Garten. Für die Gäste bietet der Tempel vegetarische Küche (Shojin), Zazen-Praxis, Sutra-Kopieren (Shakyo), Kopieren von Buddha-Bildnissen (Shabutsu) etc.

Die große Halle im Süden ist der Shinden. Sie ist einstöckig und besitzt ein mit Zypressenrinde (Hinoki) gedecktes Irimoya-Dach. Der Edo-zeitliche Shinden ist als wichtiges Kulturgut klassifiziert. Die Halle stammt ursprünglich aus dem kaiserlichen Palast in Kyoto und wurde als Geschenk der Kaiserin Meissho (1624-1696, regierte 1629-1643) im Jahre 1647 hierhin versetzt. Im Inneren der Halle befinden sich auf den Schiebetüren Malereien der Kano-Schule; zu sehen sind freilich Reproduktionen, weil sich die Originale im Nationalmuseum Kyoto befinden.

Im Süden des Shinden befindet sich der Mitsui-Garten (Mii-Garten), der als historische Stätte besonderer landschaftlicher Schönheit klassifiziert ist. Er ist vom Typ eines Chisen-kanshoshiki-teien, also eines Teich-Betrachtungs-und-Wertschätzungs-Gartens. Die kugeligen Azaleenbüsche beiderseits des Gartenteichs und die dahinter gepflanzten Bäume erzeugten auf eng begrenztem Raum ein Maximum an Tiefenstaffelung. Im Südwesten reicht der Teich bis unter die Veranda des Gebäudes heran. Im Teich gibt es die fast schon obligatorischen beiden Inseln, Tsurushima (Kranichinsel im Osten) und Kameshima (Schildkröteninsel im Westen), sowie einen als Horai interpretierten Felsen. Ganz im Westen befindet sich ein überwucherter Wasserfall. Eine Quelle mit einem feinen Rinnsal aus einem Bambusrohr wird Mii no meisui genannt. Der Entwurf des Gartens wird Soami (-1525) zugeschrieben, einem bedeutenden Künstler der Muromachi-Zeit, der u. a. auch den Zen-Garten im Ryoanji anlegte. Nach Osten ist dem Shinden ein Eingangsbereich (Genkan) mit Karahafu vorgebaut, vor dem eine Kiesfläche bis zur Zufahrt reicht. Der Kiesbereich wird im Hintergrund und linkerhand von einer weiteren Mauer mit fünf weißen Horizontalstreifen begrenzt, die dann parallel der Zufahrt nach Süden abknickt und dort ein Tor zum Garten besitzt.

Südwestlich des Shinden liegt die wesentlich kleinere Haupthalle (Hondo), in der eine Figur des goldenen Konjiki Fudo Myo-o (Sanskrit: Acala) verehrt wird. Am Nordwesteck des Shinden schließt sich ein langgestreckter Bau an, in dem das Museum für Malerei aus Otsu untergebracht ist. Zu sehen sind u. a. Werke von  Okyu Maruyama aus dem 17. Jh. und Ukiyo-e im Stil Toba-e. Noch weiter im Westen liegt der Kojo-in, ein Subtempel des Mii-dera.


Literatur, Links und Quellen:
Lokalisierung auf google maps: https://www.google.de/maps/@35.0145109,135.8533963,19.52z - https://www.google.de/maps/@35.0145109,135.8533963,153m/data=!3m1!1e3
Webseite des Tempels:
https://enman-inn.com/en/
auf JPManual:
http://jpmanual.com/en/enmanin
Tempelherberge:
http://templelodging.com/spot/05kansai/shiga003.html
Versteigerung des Tempels:
http://shiga-ken.com/blog/2009/06/enman-in-temple-in-otsu-auctioned-for-over-1-billion-yen/
auf Japanhoppers:
https://www.japanhoppers.com/de/kansai/otsu/kanko/1334/
Monzeki-Tempel:
https://japan-kyoto.de/monzeki-tempel-mit-aristokratischen-oder-kaiserlichen-abt/
Monzeki-Tempel:
http://traditionalkyoto.com/temples-shrines-and-palaces/monzeki-temples/


Andere Artikel über Japan lesen
Andere Länder-Essays lesen
Home

© Copyright bzw. Urheberrecht an Text, Graphik und Photos: Bernhard Peter 2018
Impressum