Bernhard Peter
Bhaktapur, Durbar Square (3):
der königliche Nag Pokhari

Der zum Königspalast gehörende Schlangenteich oder Nag Pokhari liegt im rückwärtigen Teil der Palastanlage, an der Nordostecke de Geländes. Er stammt aus dem 17. Jh. und heißt so, weil sowohl die zentrale Säule im Wasser als auch die korrespondierende Skulptur über dem Wasserspeier die Form eines aufgerichteten Kobrakopfes haben. Auch um den oberen Rand der Anlage läuft ein Schlangenkörper um; der aufgerichtete Kopf ist am rechten (östlichen) Ende der Längsseite zu sehen. Sein Gegenüber auf der anderen Seite ist nicht so gut erhalten. Kleinere Schlangen säumen die Konstruktion am Ostende des königlichen Wasserteiches. Hier fand das rituelle Eintauchen des Götterbildes von Taleju statt.

Der Wasserspeier (Dhara) ist eine komplexe Struktur: Aus dem Maul des Fabelwesens (Makara) schaut ein weiteres Tier mit Hörnern, Ohren und Vorderhufen (Ziege), welches gerade verschlungen wird, und auf dem Rücken des ersteren kriecht das dritte Wesen mit Schuppenkörper und Schwimmfüßen.

Bhaktapur, Durbar Square: Chyasalin Mandap

Dieses ursprünglich aus dem 17. Jh. stammende, pavillonartige Bauwerk befindet sich direkt im Süden des Palastes der 55 Fenster. Der Chyasalin Mandap wurde unter König Bhupatindra Malla errichtet. Mandap = Halle, Chyasalin = acht Seiten. Es handelt sich vom Typ her nicht um einen Tempel, sondern um ein Dharmashala mit einer offenen Halle im Erdgeschoß auf quadratischem Grundriß mit je vier exquisit beschnitzten Holzsäulen auf jeder Seite. In der Gebäudemitte führt die Treppe ins erste Obergeschoß. Dieses ist ein luftiger, allseits großzügig durchfensterter Raum mit je drei Fenstern auf jeder Seite. Durch übereckgestellte offene Erker erhält das Bauwerk hier einen achteckigen Grundriß mit vier langen und vier kurzen Strecken, was sich auch im weit ausladenden Hauptdach fortsetzt. Das darüberliegende zweite Dach ist wiederum von quadratischem Grundriß.

Der eigentliche Zweck des Bauwerks war es wohl, die direkte Verbindungslinie zwischen Shiva-Tempel und Königspalast optisch zu unterbrechen und so den Palast zu schützen. Das Wort Dharmashala setzt sich aus Dharma und Shala zusammen und bezeichnet allgemein ein nichtreligiöses Bauwerk, das als Treffpunkt, Aufenthaltsraum, Unterstand oder Rastplatz für spirituelle Pilger dient. Auch Pilgerherbergen werden so bezeichnet. Es ist also kein Tempel, sondern ein überdachter Aufenthaltsraum für Gäste und Pilger. Oder wie hier vor dem Königspalast für Beobachter religiöser Zeremonien oder sonstiger Ereignisse. Das Wort besitzt aber auch die Bedeutung eines Heiligtums, und auch der indische Exil-Sitz des Dalai Lama, Dharamshala, hat ethymologisch die gleiche Wurzel.

Das Dharmashala im Kontext: Im Hintergrund befindet sich der Palast der 55 Fenster. Linkerhand außerhalb des Bildes steht der Vatsala Durga-Tempel, und im Rücken des Photographen befindet sich der Pashupati-Tempel. Die rechts im Bild angeschnittene Randbebauung des Platzes läßt die hölzernen Galerien einer weiteren Dharmashala erkennen, hinter welcher der Weg abknickt zum östlichen Teil des Durbar Square.

Der Chyasalin Mandap wurde beim Erdbeben von 1934 komplett zerstört und in den 1980er-Jahren originalgetreu wieder aufgebaut. Der Wiederaufbau durch die Architekten Götz Hagmüller und Niels Gutschow war ein Staatsgeschenk der Bundesrepublik Deutschland. Die Fertigstellung war erst 1990. Gott sei Dank steht dieses entzückende Bauwerk nach dem Erdbeben von 2015 noch aufrecht, ohne Schäden, ein Wunder bei der filigranen Bauweise und den wenigen, gar nicht querverstrebten Stützen des Erdgeschosses. Bei näherem Hinsehen ist das aber dem stählernen Rahmenwerk zu verdanken, das man beim Wiederaufbau kaum sichtbar innen eingebaut hat, um ein erneutes Kollabieren zu verhindern - erfolgreich.

Brunnenanlage auf dem Durbar Square

Hinter dem Vatsala-Durga-Tempel und neben dem Chyasalin Mandap befindet sich eine Brunnenanlage, die Dhunge Dhara genannt wird.

Literatur, Links und Quellen:
Wolfgang Korn: The traditional architecture of the Kathmandu valley, Bibliotheca Himalayica, Series III, volume 11, Ratna Pustak Bhandar, Kathmandu, 1976/2007, ISBN: 978-99933-0-630-6.
Durbar Square:
https://en.wikipedia.org/wiki/Bhaktapur_Durbar_Square
Bhaktapur:
http://www.holidaynepal.com/kathmandu/about-bhaktapur.html

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© Urheberrecht an Text, Graphik und Photos: Bernhard Peter 2017, Photos aus dem Jahr 2009
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