Bernhard Peter
Dakshinkali-Tempel

Dakshinkali bedeutet "Süd-Kali". Es handelt sich um einen der Göttin Kali geweihten Tempel in einem waldigen Gelände in einer Schlucht am südlichen Rand des Kathmandu-Tales, ca. 20 km von Kathmandu. Viele Treppenstufen führen zum tief im Tal gelegenen Heiligtum hinab, und der Weg ist gesäumt von Bettlern, Verkäufern, Saddhus, Heiligen und Scheinheiligen. Haupt-Opfertag ist der Samstag, der Dienstag ein alternativer Termin. Ein Höhepunkt des Kali-Kultes ist das Dasein-Fest im September/Oktober, dessen Nahen sich hier bereits im reichbesuchten Tempel andeutet.

Parvati, Uma, Durga und Kali sind die Namen für vier verschiedene Aspekte der selben Göttin. Sie ist die Gattin bzw. Shakti Shivas. Parvati kann viele Erscheinungsformen annehmen, dabei sind die als Parvati und Uma die sanften, gnädigen und friedvollen, die als Durga (Durgha) und Kali die schrecklichen und rächenden, wobei Kali noch ein paar Grade furchtbarer ist als Durga, welche die gemäßigtere Form der zornigen Göttin ist. Als Durga und Kali tritt sie auf, um das Böse zu bekämpfen. Das Wort Kali stammt von dem Wort "kaala", das sowohl schwarz, als auch Zeit bedeutet. Kali verkörpert Zeit und Natur. Kali ist ein grausiger, heftiger und angsteinflößender Aspekt der Göttin. Kali ist die blutrünstige Göttin der Zerstörung, eine Todesgöttin und zugleich eine Schutzgöttin und Dämonenbezwingerin. Nach außen ist sie Tod und Zerstörung, in ihrem Inneren ist sie aber liebevoll und führsorgend. Ihren aufrichtigsten Anhängern erscheint sie in überaus liebevoller und beschützender Form.

Kali wird mit Blutopfern in Verbindung gebracht. Der Glaube besteht darin, dass nur durch Zerstörung etwas Neues entstehen kann. Kali bedeutet die göttliche Kraft der Zerstörung und zugleich die Gewährung von Gnade und Vertreibung von Angst. Kali zerstört das, was den Menschen getrennt hält von seinem göttlichen Ursprung. Liebe zu Kali zerstört die Todesangst, die den Fortschritt auf dem spirituellen Pfad verhindert. Sie erinnert den Sucher ständig daran, daß Erlösung nicht erreicht werden kann, so lange ihn Zeit, Raum und menschliche Begrenzungen binden. Sie zerstört diese Begrenzungen und bringt Freiheit. Kali als göttliche Kraft bekämpft alles, was ungünstig ist oder nicht mit Gott in Verbindung steht, wie z. B. Eingrenzungen, Barrieren für die Erleuchtung, Unwissenheit oder Falschheit. Früher wurden der Kali Menschenopfer dargebracht, heute verboten, und in den Kali geweihten Tempeln in Indien und Nepal wie hier in Dakshinkali werden noch immer Tieropfer (Büffel, Ziegenböcke, Hähne - je nach Wohlstand der Familie und Höhe des Festes, aber immer männlich und unkastriert, also keine Ochsen) dargebracht. Kalifiguren zeigen die Göttin, wie sie auf einem männlichen Wesen herumtrampelt, der Legende nach ihr Ehemann Shiva. Blut in jeglicher Form ist in den meisten Tempeln verboten, nicht so hier, wo es an Feiertagen in Strömen fließt. Die mitgebrachten Hähne werden erst mit Wasser besprenkelt und gesegnet, dann werden sie über einer Rinne mit einem Messer geschlachtet, während sich am Boden ein Blütenmeer mit dem Blut vermischt, in dem die Gläubige, Priester und Helfer barfuß herumstapfen. Mit dem versprengten Blut wird die Göttin milde gestimmt, der abgeschnittene Kopf verbleibt im Tempel, während die Gläubigen das Tier selbst zum Verzehr wieder mit nach Hause nehmen. Die Speise ist jetzt "Prasad", geheiligte Speise, da die Göttin davon genommen hat.

Glücklicherweise opfern nicht alle Besucher Tiere. Die weitaus meisten kommen, um Räucherstäbchen anzuzünden und zu beten.

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© Urheberrecht an Text, Graphik und Photos: Bernhard Peter 2009, Photos aus dem Jahr 2009
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