Bernhard Peter
Die Tempelstädte von Tamil Nadu
4. Srirangam - eine Idealstadt

Nach all der Theorie sei hier ein realer Stadtgrundriß abgebildet, der von Srirangam (bei Tiruchirapalli), Sri Ranganathaswamy Tempel: Das Heiligtum enthält in seinem zentralen Schrein Ranganathar (Vishnu, der auf der Schlange Anata ruht), mit einem vergoldeten Pranava Vimanam oder Paravasudeva Vimanam überdacht. Der Tempel liegt ca. 5-8 km im Norden der Stadt Tiruchirappalli (Trichy City) auf einer ca. 250 ha großen Insel zwischen den Zwillings-Flüssen Cauvery und Kollidam. Es handelt sich um eine der großartigsten und vollständigsten Tempelanlagen Südindiens, sogar um den größten Tempel in Südindien überhaupt. Die siebte, äußerste Mauer mißt 950m x 816m, damit umschließt der Mauerring mehr als 775000 Quadratmeter oder 77 Hektar. Alle 7 Mauern zusammen erreichen eine Gesamtlänge von 10 Kilometern. Der Tempelkomplex darf nicht mit dem 2 km östlich gelegenen ähnlichen Jambukeswaran-Tempel von Tiruvanaikkal verwechselt werden. Der Tempel in Srirangam und der in Tirupati sind zusammen die beiden wichtigsten der 108 Vishnu-Tempel Südindiens.

Im Grundriß der Stadt Srirangam finden wir alle im vorigen Kapitel besprochenen Stilmerkmale wieder:

Der Tempel von Srirangam
Die Tempelstadt Srirangam hat sehr altehrwürdige Wurzeln. Die älteste Inschrift datiert aus dem Jahre 924 AD (Parantaka-Chola-Periode). Viele Säulen gehen auf das 13. Jh. AD (Chola-Periode) zurück.

Der vierte Prakrama ist der mit dem öffentlichsten Charakter. Hier finden sich einige der schönsten Bauwerke von Srirangam. Die älteste Struktur ist der Tempel in der NW-Ecke, der Gottheit Ranganayaki geweiht, etwas verloren abseits von den Eingängen liegend. Die Säulen des Tempels stammen aus der Chola-Periode.

Die 1000-Pfeiler-Halle auf der Ostseite des 4. Prakrama stammt ebenfalls aus der späten Chola-Periode. Sie mißt 150 x 50 m und hat 940 monolithische Granitpfeiler.

Berühmt ist ferner der Pferdehof (Sheshagiri Mandapa, Sheshagirirayar Mandapa), mit einem Säulengang aus sich aufbäumenden Kriegspferden, die sich bis zu einer Höhe von 2.50 m erheben. Diese Pferde werden von anderen Figuren, u. a. freistehenden Fußsoldaten sehr lebensnah ergänzt. Diese 8 monolithischen Pferdeskulpturen sind Meisterwerke indischer Plastik, sie stammen aus der zweiten Hälfte des 16. Jh. (Vijayanagara-Herrscher).

Eine weitere bemerkenswerte Einheit des vierten Hofes ist der Krishna-Schrein (Venugopala-Schrein) auf der Südseite, links von der südlichen Säulenhalle und dem Rangavilasa Mandapa. Er stammt aus der Nayaka-Periode.

Im 3. Prakaram befindet sich hinter dem südlichen Eingang gleich die Garuda-Mandapa, deren Säulen gehen auf die Nayaka-Herrscher des 17. Jh. (von Madurai) zurück.

Im Westen des dritten Hofes liegen Wirtschaftsgebäude (Tempelküche)

Der Tempel hat zwei Tempelteiche, den Chandra (Mond) und den Surya (Sonne) Pushkarini - Teich, beide im 3. Prakaram/Prakrama. Dabei ist der kleinere, runde der Mondteich, der größere, eckige ist der Sonnenteich. Beide werden für rituelle Bäder genutzt.

Der Grundriß ist auf einer separaten Seite in hoher Auflösung verfügbar.

2. Prakrama: Die zweite Mauer mit je einem Durchgang im Norden und im Süden markiert die Grenze, bis zu der Nichthindus vordringen dürfen. Der Südzugang ist der reguläre; das Nordtor wird nur 1x im Jahr geöffnet. Die Anlage wird zunehmend enger; die Architektur erinnert vermehrt an die ältere Chola-Periode, auch wenn Vijayanagara-Könige weitere Schreine hinzugefügt haben. Im zweiten Hof steht die Dvajastambha, der Flaggenmast, genau in einer Linie mit der Gottheit ausgerichtet. Enge Korridore und viele kleine Schreine bestimmen das Bild des 2. Hofes.

1. Prakrama: Der innerste Bezirk hat nur einen einzigen Zughang von Süden her. Dunkle Korridore führen zum überkuppelten runden Zentralheiligtum, nur mit einem vergoldeten Vimana hervorgehoben, klein und unscheinbar wirkend im Vergleich zu der Monumentalität der äußeren Gopurams. Um das runde Heiligtum führt ein quadratischer Wandelgang.

Insgesamt ist der Tempel alles andere als einheitlich. Viele verschiedene Stile sind zu finden, die unterschiedlichsten Baugruppen werden zu einem hochkomplexen Ganzen vereint. Hier lichte Weite, dort düstere Enge, hier monumentale Türme auf weiter Fläche, dort ein gewachsenes Durcheinander enger und düsterer Korridore. All diese Kontraste werden zu einem Ganzen verbunden durch das stringente Konzept der konzentrischen Rechtecke und der diese verbindenden Achsen.

(1) - Die Tempelstädte von Tamil Nadu, eine Einführung - (2) - Cluster von Tempeln
(3) - Stilmerkmale der Tempelstädte von Tamil Nadu
(4) - Srirangam: Eine Idealstadt - (4a) - Srirangam: Grundriß in hoher Auflösung
(5) - Die Tempelstadt Madurai - (5a) - Madurai: Grundriß in hoher Auflösung
(6) - der Nataraja-Tempel in Chidambaram - (6a) - Chidambaram: Grundriß in hoher Auflösung
Links, Quellen und Literatur zur indischen Architektur

Photos Srirangam (1) - (2) (Margret Foth, Fritz Niemann)

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